Immer wieder werde ich nach einer Überlastungsanzeige, einem Vordruck gefragt. Warum überhaupt eine Überlastungsanzeige, wozu das Ganze. Die Pflege steckt aktuell in einer Situation, in der es weder vor noch zurück geht. Viele Unternehmer beuten ihre Mitarbeiter immer weiter aus, indem nicht besetzte Stellen nicht nach besetzt werden, Dauerkranke durch das Bestandspersonal kompensiert werden und leider es bis heute keinen festen gesetzlichen Personalschlüssel gibt. Das Ergebnis war, dass es immer weniger Pflegepersonal zugemutet wird, immer mehr Patienten zu pflegen. Wirtschaftlich bombig, menschlich daneben. Leider gibt es nur die Möglichkeit sich zu wehren. Wendet euch an den BR oder MAV und wartet nicht auf bessere Zeiten. Pflegekräfte werden überall gesucht, notfalls anderen Arbeitgeber suchen, die Ausbeuter dürfen damit nicht durchkommen. Solange es Pflegekräfte gibt, die das mittragen wird sich wenig verändern. Einige Einrichtungen fangen langsam an zu begreifen, dass man die Belastungsgrenze nicht dauerhaft überschreiten darf. Sucht euch solchen Arbeitgeber gezielt aus. Gerade in den Sozialnetzwerken ist der ideale Platz zum suchen, fragt nach guten Arbeitgeber. Bis es aber soweit kommt, kann man sich zumindest absichern. Ich habe einen Artikel von Verdi zum Thema Überlastungsanzeige hier zusammen gestellt. 

ueberlastung

Foto: Verdi

Überlastungsanzeige

In vielen Branchen wird die „Wirtschaftlichkeit“ von Unternehmen u.a. mit Personalabbau und unbesetzten Stellen erkauft. Der Alltag des Personals ist von wachsendem Leistungs- und Verantwortungsdruck geprägt. Aufgrund massiver Überlastung kann es zu Sach- oder Personenschäden durch die Beschäftigten kommen. Dies kann zu arbeits-, straf- und/oder zivilrechtlichen Konsequenzen führen.

Eine Überlastungsanzeige bietet den Beschäftigten die Möglichkeit, auf die u.U. personengefährdende Situationen aufmerksam zu machen und sich im Rahmen etwaiger Haftungsansprüche entlasten zu können.

Was ist eine Überlastungsanzeige im Allgemeinen?

Die Überlastungsanzeige ist zunächst ein Begriff aus dem Arbeitsrecht, der explizit weder in einem Gesetz noch in einem Tarifvertrag (z.B. TVöD) erwähnt oder näher definiert ist. Durch die Zunahme von Arbeitsbelastungen, verursacht u.a. durch ständigen Personalmangel, Defizite bei der Organisation des Personaleinsatzes durch den Arbeitgeber oder andauernde Mehrarbeit werden Beschäftigte an ihre Leistungs- und Belastbarkeitsgrenzen geführt. Dies kann zu Fehlern in der Erledigung der Arbeitsaufgaben führen und negative Folgen für alle Beteiligten haben, für die Kunden/Patienten/Bewohner, für den Betrieb und nicht zuletzt für die Beschäftigten selbst. In den Pflegeberufen können z.B. Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit bei den zur Versorgung bzw. Betreuung anvertrauten Personen (z.B. im Krankenhaus, in der Altenpflege) entstehen.

Führt eine Arbeitsüberlastung über die Gefährdung hinaus zu einem Schaden (z.B. Sach- oder Gesundheitsschaden bei Dritten), können Ersatzansprüche in Geld oder arbeitsrechtliche Maßnahmen zu Lasten der Beschäftigten die negativen Konsequenzen sein. Um u.a. dies zu vermeiden, hat sich als Instrument der Entlastung der Beschäftigten vor den Folgen solcher „Gefahrensituationen“ das Erstatten einer Überlastungsanzeige gegenüber dem Arbeitgeber entwickelt. Darüber hinaus dient die Überlastungsanzeige nicht unwesentlich dazu, den Arbeitgeber deutlich – zum Schutz der Patienten/Bewohner usw. – auf die Gefahren für Leib oder gar Leben hinzuweisen. Der Arbeitgeber hat dann die Aufgabe, entsprechende Maßnahmen zur „Gefahrenabwehr“ einzuleiten. Die Überlastungsanzeige speist sich folglich rechtlich u.a. aus Teilen des Arbeitsschutzgesetzes, des Arbeitsvertrags (Nebenpflichten) und des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB; Haftungsrecht).

Und was ist eine Überlastungsanzeige konkret?

Sie ist der (schriftliche) Hinweis an den Arbeitgeber bzw. unmittelbaren Vorgesetzten über potenzielle Schädigungen und Gefährdungen der Kunden/Patienten/Bewohner, des Unternehmens oder der Beschäftigten durch eine vorliegende „Überlastung“, z.B. durch personelle Unterbesetzung, organisatorische Mängel oder mangelhafte Arbeitsbedingungen.

Was ist die Kernaussage?

Die ordnungsgemäße Erfüllung der Arbeitsleistung in einer konkret zu beschreibenden Situation ist aufgrund (z.B.) der o.g. Punkte gefährdet, und Schäden für die Beteiligten sind zu befürchten.

Warum sollten Beschäftigte eine Überlastungsanzeige schreiben?

Aus Eigenschutz der Beschäftigten vor strafrechtlichen, arbeitsrechtlichen oder zivilrechtlichen Konsequenzen – zur eigenen „Entlastung“ und zum Schutz der Kunden/Bewohner/Patienten und des Unternehmens.

Besteht eine Pflicht zur Darstellung einer Überlastungssituation im Arbeitsverhältnis?

Ja. Sie resultiert u.a. aus den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten (§ 611 BGB und §§ 241 Abs. 2, 242 BGB). Danach ist die/der Beschäftigte verpflichtet, den Arbeitgeber vor drohenden oder voraussehbaren Schäden zu bewahren bzw. vor deren Eintritt zu warnen und darüber hinaus auf z.B. organisatorische Mängel, Überschreiten der zulässigen Arbeitszeiten nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) usw. aufmerksam zu machen. Weiter konkretisiert werden diese Nebenpflichten im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Nach § 15 ArbSchG haben die Beschäftigten nämlich die Pflicht (soweit es für sie selbst möglich ist), für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, aber auch für die der Personen, die von Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind, Sorge zu tragen.

Wann ist eine Überlastungsanzeige abzugeben?

Wenn absehbar ist, dass aus eigener Kraft die Arbeit nicht mehr so zu leisten ist, dass Schäden oder arbeits- oder andere vertragliche (z.B. aus dem Pflegevertrag) Verletzungen ausgeschlossen werden können. Bezüglich des Zeitpunkts der Abgabe der Überlastungsanzeige hilft auch hier wieder das Arbeitsschutzgesetz. Nach § 16 Abs. 1 ArbSchG haben die Beschäftigten die Pflicht, dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich, d.h. ohne schuldhafte Verzögerung nach Feststellen der Gefahr zu melden. Grundsätzlich gilt aber: Der Arbeitgeber muss noch eine Reaktionszeit haben, um der Überlastungssituation abzuhelfen.

Was kann Inhalt einer Überlastungsanzeige sein?

Folgende Punkte können/sollten in einer Überlastungsanzeige aufgeführt werden:

  • Datum
  • Namen der Beschäftigten
  • betroffene Station/Wohnbereich/Betreuungsbereich
  • konkrete Beschreibung der Situation in den jeweiligen Bereichen (kritische Situationen, z.B. fixierte unruhige Patienten/Bewohner, besondere Auffälligkeiten)
  • Anzahl der zu betreuenden Patienten/Personen, Pflegestufen/Pflegeaufwand- Mindestbesetzung, notwendige Besetzung und tatsächliche Anzahl der Pflegekräfte/Beschäftigten/Auszubildenden/Praktikanten unter Angabe der Qualifikation
  • Benennung der konkreten Überlastungsmerkmale (keine Pausen, zu lange Arbeitszeiten, Schilderung der Ursachen zu hoher Arbeitsbelastung, mangelnde Personalausstattung usw.)
  • dienstliche Folgen (bereits erfolgte Beschwerden der Patienten/Bewohner/Angehörigen, Pflegestandards können nicht mehr eingehalten werden, Versorgung nicht mehr garantiert …)
  • persönliche Folgen (häufige Erkrankungen aufgrund Stress/Überlastung in der Vergangenheit)
  • Aufzählen der Arbeiten, die nicht erledigt werden können oder vorrangig vorgenommen werden
  • vorheriger ergebnisloser telefonischer Hinweis an den Arbeitgeber
  • Begehren auf unverzügliche Abhilfe der Situation durch den Arbeitgeber
  • Verknüpfung mit Qualitätsmanagement
  • Unterschrift.

Je nach Bedarf und betrieblichen Gegebenheiten kann die Überlastungsanzeige noch weitere oder andere Inhalte haben. Wichtig ist aber, dass die Situation so konkret wie möglich beschrieben wird. Im betrieblichen Alltag ist zu empfehlen, dass ein Formular entwickelt wird, welches häufig wiederkehrende Situationen beschreibt und schnell auszufüllen ist.

Wo sollten die Überlastungsanzeigen aufbewahrt werden?

Zur eigenen Absicherung ist es empfehlenswert, selbst eine Kopie aufzubewahren. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber entsprechend dafür Sorge tragen, dass die Anzeigen aufbewahrt werden. Sachlich richtig wäre die Aufbewahrung in der Personalakte oder in entsprechenden Sachakten, die zentral geführt werden. Die Anzeige dient u.U. als Beweis bei einem eingetretenen Schaden und damit verbundenen geltend gemachten Ansprüchen der Betroffenen, deshalb sollte vor Ort eine Regelung über die Aufbewahrung getroffen werden. Die Überlastungsanzeige ist eine Urkunde im Sinne des Strafgesetzbuchs und darf deshalb auch nicht ohne Einwilligung der betroffenen Beschäftigten vernichtet werden.Muss die Überlastungsanzeige „Überlastungsanzeige“ heißen?

Nein. In der Praxis werden dafür auch die Begriffe Entlastungsanzeige (dient der Entlastung der Beschäftigten im Schadensfall), Gefahrenanzeige (macht auf mögliche Gefahren aufmerksam) oder Qualitätsanzeige (Hinweis darauf, dass erarbeitete oder festgelegte Qualitätsstandards nicht eingehalten werden können) verwendet. Da der Begriff „Überlastungsanzeige“ nicht geschützt ist, sind die Beschäftigten in der Wahl der Überschrift der kritischen Situationsbeschreibung frei.
Quelle: Verdi
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