Pflegekräfte wurden beschimpft, erniedrigt und haben sich nun gemeinsam gewehrt. Der Personalnotstand nimmt neue Formen an, Verdi unterstützt hier und sorgt für Aufklärung der Situation. Endlich wehren sich die Betroffenen aus der Pflege, endlich stehen sie selbst da. Das Pflegebewusstsein nimmt neue Formen an. Einrichtungen wie diese in Winterberg werden zukünftig kaum noch Chancen haben. Der Umgang der Pflegekräfte wie vor 20 Jahren wird solche Einrichtungen letztendlich in den Ruin treiben.

Wir können nur sagen: Pflegekräfte, vereinigt Euch, geht gegen den Misstand an und zeigt, was andere nicht sehen sollen. Die Regierung ist gefragt, endlich Abhilfe zu schaffen.

verdi

Pflegekräfte beschimpft und entlassen

ver.di fragt nach

Was ist los im Seniorenzentrum Winterberg?

30 ehemalige Beschäftigte und Bewohner protestierten gemeinsam mit dem ver.di-Netzwerk Altenpflege am 31.3.16 in den Mittagsstundens zu den „unerträglichen Zuständen“ im Seniorenzentrum auf dem Saarbrücker Winterberg. Unter großer Aufmerksamkeit der Medienöffentlichkeit schilderte der ver.di-Pflegeexperte Michael Quetting die Aussagen zahlreicher Beschäftigten. In Schreiben an den Pflegebeauftragten, die Heimaufsicht und den MDK hatte ver.di schon vor Ostern die saarländischen Aufsichtsbehörden auf die Zustände in dem zur Allogruppe zählenden Seniorenzentrum Winterberg aufmerksam gemacht.

Nach zahlreichen Zeugenaussagen würden dort Beschäftigte beleidigend beschimpft, die Bildung eines Betriebsrates solle verhindert werden, Beschäftigte seien willkürlich entlassen worden und Bewohner – so die Schilderung von ehemaligen Pflegekräften – sogar einfach in die Obdachlosigkeit entlassen worden.

ver.di fordert die Bildung eines Betriebsrates, die Wiedereinstellung aller Kolleginnen und einen respektvollen Umgang. Die Gewerkschaft ver.di vertritt ihre Mitglieder in den gerichtlichen Auseinandersetzungen.

ver.di Saar TrierWährend der Aktion

Michael Quetting, Gewerkschaftssekretär im ver.di-Bezirk Region Saar Trier, wiederholte, vor dem ver.di-Feuerwehrauto mit den Lautsprechern auf ein so genanntes Frühlingsfest des Altenheimes gerichtet, seine Feststellung, dass das „System Altenpflege“ gar nicht funktionieren könne. „Die Personalnot und unzureichende Wertschätzung der Pflegekräfte führen immer wieder zu nicht akzeptablen Zuständen.“

So wird z. B. ver.di berichtet, dass die Direktorin grundlos eine Kollegin anschrie, sie würde „das Dreckspack auf Station 7“ fertig machen, eine andere Kollegin sei eine „hinterfotzige Tussi“ und wieder eine andere beklagt, man habe sie als „dreckige Lügnerin“ bezeichnet. Schließlich soll die Chefin gedroht haben: „Und wenn ich mit Euch fertig bin, findet ihr im ganzen Saarland keinen Job mehr.“

Der Versuch, mit Gesprächen die Situation zu entkrampfen, scheiterte. Der Arbeitgeber sprach ohne Anhörung der Betroffenen Kündigungen aus. Die Begründung vor Gericht. „Sie wollten einen Betriebsrat gründen.“

Aktion am letzten März auf dem Winterbergver.di Saar TrierProtest vor dem Altenheim

Immer wieder versuche sich die Leitung ihrer Verantwortung zu entziehen, berichten betroffene Frauen den zahlreichen Medienvertretern. So würden Zeugnisse nicht geschrieben oder Abfindungen nicht überwiesen. Unter dieser Situation leiden auch die Bewohnerinnen und Bewohner, so bleiben ihnen die Spannungen im Haus nicht verborgen. Der häufige Wechsel des Personals sowie chronische Unterbesetzung durch Kündigungen und Krankenstände sorgt nicht gerade für ein Wohlfühlklima, berichteten anwesende ehemalige Bewohner bzw deren Angehörigen.

Als sich ein Bewohner beschwerte, soll er von der Heimleitung angeschrien, bedroht und genötigt worden sein ein Entlassungsformular zu unterschreiben. Man habe ihn am Hauptbahnhof ausgesetzt und so schlief er fünf Tage auf der Parkbank bevor er im Obdachlosenheim unterkam. Dieser Bewohner schilderte seine Erfahrungen direkt im Rahmen der Protestaktion am Rollador stehend.

Während der offzielle Vertreter alle Vorwürfe bestritt, wurde während der Aktion auch Merkwürdiges von der Allo-Gruppe aus Völklingen berichtet. Dort sollte ein neues Altenheim eröffnet werden. Die Leitung wurde durch den Oberbürgermeister der Öffentlichkeit präsentiert. Nun wurde auch diese Kollegin einfach entlassen und das Unternehmen benannte Edwin Winter, früher Pflegedirektor des Seniorenzentrums in Elversberg, wo 2012 der so genannte Folterskandal von der AWO aufgedeckt wurde. Horst Kunze, Mitglied der Geschäftsführung des Betreibers, meinte in der Saarbrücker Zeitung, das Haus solle mit einem erfahrenen Leiter „in der Qualität eröffnet werden, wie wir es gewohnt sind“.“ (SZ 9.3.16)

Die Alloheim-Gruppe gehört dem US-Finanzinvestor Carlyle, eine der größten Beteiligungsgesellschaften weltweit. Die Alloheim Gesellschaft erwarb die Pflegeheime von der Procon Trust Invest GmbH, zu der inzwischen auch die Senioreneinrichtung auf dem Winterberg gehörte.

In einem Flyer, der auf dem Winterberg verteilt wurde, fordert ver.di:

  • Sofortige und umfassende Untersuchung der Zustände im Alloheim auf dem Winterberg.
  • Kontrolle durch Heimaufsicht  und MDK.
  • Bildung eines Betriebsrates.
  • Wiedereinstellung aller Kolleginnen und respektvoller Umgang.
ver.di Saar TrierPflegekraft und Bewohner gemeinsam

Gewerkschaftssekretär Michael Quetting beklagte in seiner Ansprache, dass immer weniger Pflegekräfte sich um immer mehr Bewohner kümmern müssten. „Darunter leiden Beschäftigte ebenso wie die Bewohner. Immer wieder werden auch Skandale bekannt. ver.di macht seit Jahren auf Probleme aufmerksam und kritisiert die Strukturen. ver.di fordert mehr Personal für die Altenpflege und eine bundeseinheitliche gesetzliche Regelung zur Personalbemessung.“

Die Lage der Beschäftigten in der Altenpflege ist sehr schwierig. Weder ist die Entlohnung angemessen noch die Personalausstattung. Da die Pflegeversicherung vor 20 Jahren nur als Teilkostenversicherung konzipiert worden ist, versuchen vor allem private gewinnorientierte Pflegeheime sich durch geringere Preise einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Dieser Wettbewerb geht voll zu Lasten der Beschäftigten und führt zu niedrigen Einkommen und extremer Arbeitsbelastung.

Dazu meinte Quetting: „Dies muss ein Ende haben, Pflegekräfte in den Altenheimen sind anständig zu behandeln. Solche unhaltbare Zustände schaden letztlich auch den Pflegebedürftigen.“ Deswegen müsse man jetzt für die Pflege aufstehen. Die Pflegekräfte müssen sich jetzt organisieren, damit die Lage geändert werden könne.

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